Wie steht es eigentlich um die Wahrheit der alten Volksweisheit „Jede Schwangerschaft kostet der Mutter einen Zahn“?
Das kommt auf die Zahnpflege der werdenden Mutter an! Moderne Zahnhygienemaßnahmen verhindern eine Zahnfleischentzündung. Zu dieser neigen viele Schwangere, da Schwangerschaftshormone zu einer vermehrten Schleimhautdurchblutung mit Gewebsauflockerung führen. Dies begünstigt entzündliche Zahnbetterkrankungen, die so genannte Parodontitis, auch wenn die Patientin außerhalb Ihrer Schwangerschaft keine Probleme mit Zahnfleischentzündungen hat. Wird jetzt nicht angemessen behandelt, können Keime in tiefere Gewebsschichten vordringen und den Zahnhalteapparat schädigen. Dann bleibt auch der in der Volksweisheit erwähnte Zahnverlust nicht aus. Zahnbettreizungen oder –erkrankungen treten in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft verstärkt auf.
Auch beeinflussen die Hormone die Beschaffenheit und Fließgeschwindigkeit des Speichels. Einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Schwangerschaft und Karies gibt es nicht, jedoch können veränderte Essgewohnheiten und Erbrechen während der Schwangerschaftsmonate dem Zahnschmelz schaden. Eine Individualprophylaxe mit anschließender Mineralisierung der Zähne ist hier besonders sinnvoll.
Wie kommt es zur Zahnbettentzündung?
Wir alle leben mit einer Vielzahl von Bakterien im Mund. Die meisten dieser Keime sind harmlos, einige wenige aber können bei mangelnder Zahnhygiene äußerst aggressiv werden. Sie setzen sich auf den Zähnen und am Zahnfleischrand fest und bilden die sogenannte Plaque. Wird dieser klebrige Belag nicht regelmäßig entfernt, bilden sich durch die in ihr lebenden Bakterien gefährliche Stoffwechselprodukte: Enzyme, Toxine und Antigene. Sie schaden dem Zahnfleisch und lösen Entzündungen aus.
Bei der Parodontitis bilden sich zwischen Zahn und Zahnfleisch bis zu 12 Millimeter tiefe Taschen – eine Angriffstelle für Bakterien, die so weiter vordringen können. Qualifizierte Prophylaxe – Behandlerinnen entfernen auch hier mit Geschick und moderner technischer Ausstattung die gefährliche Plaque
Beeinflussen diese Giftstoffe auch das ungeborene Kind?
Zu den bekanntesten Risikofaktoren für eine Frühgeburt zählen Alkohol und Nikotin. Erst in den letzten Jahren wird in Fachkreisen darüber diskutiert, dass auch bakteriell ausgelöste Entzündungen in der Gebärmutter und in weiter entfernten Körpergeweben, beispielsweise die Zahnbettentzündung, eine Schwangerschaft beeinflussen können. Bei Schwangeren mit unbehandelter Zahnbetterkrankung ist das Risiko einer Frühgeburt siebenmal höher. Auch konnte nachgewiesen werden, dass bei Müttern mit untergewichtigen und zu früh geborenen Kindern, eine größere Menge der Entzündungsmediatoren Prostaglandin und Interleukin in der entzündeten Zahnfleischtasche vorhanden war als bei Frauen, die normalgewichtige Kinder geboren haben.
Sind Zahnbehandlungen in der Schwangerschaft problematisch?
Idealerweise sollte die Vorsorge oder Parodontitistherapie vor einer geplanten Schwangerschaft erfolgen – oder spätestens in den ersten Schwangerschaftswochen in Absprache mit dem Gynäkologen. Um entzündliche Zahnfleischerkrankungen frühzeitig behandeln zu können ist auch während der Schwangerschaft eine regelmäßige zahnärztliche Kontrolle wichtig. Während der 13. bis 21. Schwangerschaftswoche sind typische Zahnbehandlungen ungefährlich, so das Fazit einer neuen Studie mit Schwangeren, die unter Parodontose litten.